Dienstag, 11. Juni 2019

Vogalonga 2019 auf dem Team-SUP-Board

Relive 'Vogalonga 2019'



Nach ein paar eher scherzhaft ausgetauschten Nachrichten im Messenger verschafft mir Thomas Houser von supvienna.com kurzfristig einen Platz in einem SUP-Team für die Vogalonga 2019. Diese legendäre Veranstaltung findet heuer am 9. Juni zum 45. Mal statt. Nach schneller Kontaktaufnahme über die Messengergruppe werde ich von den anderen vier Teammitgliedern freundlich aufgenommen. Wir bestehen aus einer gemischten deutschen und österreichischen Crew. Birgit kommt vom Bodensee (D), Bianca und Andrew aus Berlin, Gerret und ich aus Wien.





Das Board mit dem wir die etwa 27km lange Rundfahrt in Venedig und der umliegenden Lagune bewältigen wollen ist das über 5m lange Fanatic Fly Air L, das für fünf Personen Besatzung konzipiert wurde. Organisiert hat es Andrew von SUPaROUND.de. Andrew und seine Freundin Iwona verbrachten die Tage vor der Tour bereits am Gardasee und haben in ihrem Campingbus genug Platz um das doch ziemlich voluminöse Board nach Venedig zu transportieren. Gerret nimmt mich von Wien in seinem BMW nach Venedig mit. Bianca und Birgit reisen jeweils alleine an.

Bevor am Sonntag die Vogalonga startet, wollen wir das Board am Vorabend zumindest einmal in unserer Teamzusammensetzung testen. Wir kennen einander kaum bzw. gar nicht. Das Riesenboard ist mit der Fanatic-Doppelhubpumpe und ihren zwei Kolben nach etwas mehr als einer viertel Stunde startklar. Beim Pumpen wechseln wir uns ab. Am meisten leistet dabei allerdings Gerret.



Unser geräumiges Appartement liegt im Stadtteil Cannaregio. Direkt beim Haus starten wir im Rio de la Sensa. Rasch haben wir eine günstige Platzeinteilung gefunden und paddeln Richtung Lagune. Unsere Geschwindigkeit ist nicht hoch. Die Strömung im Kanal macht sich deutlich bemerkbar. In der Lagune ist das Wasser durch den Schiffsverkehr ziemlich unruhig und es keimen leise Zweifel bezüglich der morgigen 27km-Runde auf. Die kurze Probefahrt beenden wir mit der Rückkehr in den Kanal. Mit der Strömung sind wir ziemlich schnell. Mit der Geschwindigkeit steigt auch die Zuversicht für den Sonntag.





Am Abend gönnen wir uns ein gutes Essen im jüdischen Viertel von Cannaregio. Der Begriff Ghetto stammt ursprünglich aus Venedig und bedeutet in etwa "Gießerei". Eine solche befand sich in dem ehemals hauptsächlich von der jüdischen Minderheit bewohnten Stadtteil.




Sonntags tragen wir um 7:30 unser großes Board etwa 2km quer durch die Stadt zum Startbereich beim Markusplatz. Zum Glück sind die Straßen um diese Zeit ziemlich leer. Trotzdem muss das Board durch die engen Gassen mehrmals hochkant getragen werden. Bevor wir das Board ins Wasser setzen, wird am Markusplatz fotografiert. Unter den tausenden Booten befinden sich auch einige andere SU-Paddler. Wir treffen auch Freund Thomas. Team-SUP-Board dürften wir aber das einzige sein.

Kurz vor dem Start der Vogalonga kommt es, aus meiner Sicht, zu einer äußerst provokanten Aktion. Vor einigen Tagen gab es in Venedig einen Zwischenfall mit einem Kreuzfahrtschiff. Am Samstag vor der Vogalonga fand eine große Demo statt, die sich gegen diese Ozeanriesen in der Lagune richtete. Trotzdem wird so ein Riesenschiff kurz vor dem Start an tausenden Paddlern, Ruderern und Gondolieri vorbeigeschleppt.




Wir fahren schon ein paar Minuten vor dem startgebenden Böllerschuss am Dogenpalast vorbei. Punkt neun ertönt dann das donnernde Signal. Wir kommen sehr gut voran und haben auch keinerlei Probleme mit schnellen von hinten kommenden Booten. Es wird Rücksicht genommen.

Immer besser gelingt es unseren Rhythmus abzustimmen. Bianca oder Birgit geben ein Schlagtempo vor. Andrew ist zu Beginn Steuermann und ermahnt, hinten stehend, ab und zu auf die Synchronisation zu achten. Nach ungefähr zweieinhalb Stunden erreichen wir Burano und haben somit die Hälfte der Vogalonga bereits absolviert. Kurz vor Burano verlassen viele Boote die durch Pfosten markierte Fahrrinne der Lagune, um einen kürzeren Weg zu nehmen. Einige Boote setzen dabei am schlammigen Boden des seichten Wassers auf und bleiben stecken. Wir erkennen das Problem noch rechtzeitig und drehen in die Fahrrinne.



Auf der weiten Wasserfläche Richtung Murano gibt es viel Platz und der leichte Rückenwind verhilft uns zu einem guten Tempo. Ohne Pause sollte die Beendigung der Vogalonga unter fünf Stunden zu schaffen sein. Mehrmals wechseln wir unsere Positionen. Die meisten Varianten funktionieren gut, aber es kristallisieren sich einige besonders günstige heraus. Andrew gibt seine Steuermannfunktion hin und wieder an uns andere Paddler ab. Bianca schlafen kurz die Füße ein. Aber auch dann hilft sie knieend paddelnd weiter. Birgit hat eine wasserfeste Lautsprecherbox mit. Die Italohits aus dem Lautsprecher motivieren. Der unregelmäßige Schlag eines Drachenboottrommlers hilft uns hingegen weniger. Die scharfe Einfahrtskurve nach Murano schaffen wir problemlos. Danach ist es nur noch ein kurzes Stück bis zum Canale di Cannaregio. Hier müssen wir dem jetzt von links kommenden Wind gegensteuern. Der Stau in Cannaregio verhindert die Einhaltung Andrews Fünf-Stunden-Plan.




Vor allem die vielen Ruderboote vereiteln mit ihren langen Riemen jegliches Weiterkommen Da hat man mit einem Soloboard etwas mehr Chancen. Aber eigentlich ist uns unsere Finisherzeit egal. Im Canale Grande wird daher ausgiebig fotografiert und wir genießen das Szenario.




Vor Maria della Salute ist das Ziel. Jeder Finisher wird mit dem Vornamen genannt. Danach werden die Diplome und Medaillen von kleinen Plattformen auf die Boote geworfen. Gemeinsam mit Solopaddler Thomas gehen wir auf ein Eis und paddeln danach noch ein ziemlich weites Stück über den Canale Grande und schmale Kanäle zurück zum Appartement.



Danke an Bianca, Birgit, Andrew, Gerret und Thomas für das tolle Erlebnis. Danke an Gerret für die Autofahrt und die Erlaubnis seine Bilder verwenden zu dürfen. Andrew: "Super, dass du das Board organisiert hast!" Danke an Iwona für die Unterstützung und die Geduld.




Für mich war dieser Eintrag nicht nur ein Blogcomeback, sondern die Vogalonga war auch ein Paddelcomeback nach langer, schulterbedingter OP-Pause.

2 Kommentare:

  1. Toller Bericht. Danke dafür!
    Vielleicht packen wir nächstes Jahr auch die Vogalonga. Aber dafür müssen wir "Strecke" üben, üben, üben.
    Wie war es eigentlich mit Wellen und Strömung in der Lagune?

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  2. Entschuldige diese sehr verspätete Antwort. ;-)

    Während meinen beiden Fahrten auf der Vogalonga 2016 und 2019 war die Strömung in der Lagune nicht das große Thema. In erster Linie waren wir beschäftigt auf die anderen Teilnehmer zu achten. Unsere Geschwindigkeit hat aber bei gleichbleibender Intensität doch ziemlich geschwankt. Strömungen gibt es also. Sie waren aber nicht sehr dramatisch. Vielleicht machen sie sich bei bestimmten Ebbe-Flut Konstellationen stärker bemerkbar. Das kann ich aber nicht aus eigener Erfahrung berichten.

    Heuer wollten wir wieder teilnehmen. Aber die Pandemie sorgte für eine Absage. Vielleicht findet ja 2021 die nächste Ausgabe der Vogalonga statt.

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